Dozentin: Anette Ochsenwadel, M.A.

Termin: Do, 04.05.2017
von 8.30 bis 12.00 Uhr
Fit-Kom, Jahnstr. 9, 74354 Besigheim

Kosten: € 15 und für Furiosa-Mitglieder € 13

Swetlana Alexijewitschs Sprachkunstwerk aus russischen Ruinen

Ein starkes politisches Signal, zu dem sich die Schwedische Akademie nicht eindeutig bekennt: Der Nobelpreis für Literatur geht in diesem Jahr an die weißrussische Schriftstellerin Swetlana Alexijewitsch.

Die erste Frage muss lauten: Ist das, wofür Swetlana Alexijewitsch an diesem Donnerstag den Nobepreis für Literatur zuerkannt bekommen hat, denn überhaupt Literatur? Ein klares Ja. Die Frage wurde schon vor zwei Jahren, anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an die weißrussische Autorin debattiert. Nun war das ein dezidiert politischer Preis, aber auch damals konnte man den Kommentaren schon die Achtung vor der immensen literarischen Leistung ablesen, die in den Gesprächsbüchern von Swetlana Alexijewitsch steckt.

Das sind sie also zunächst einmal: Gesprächsbücher. Alexijewitsch, geboren 1948 im ukrainischen Stanislaw, hat den Untergang des sowjetischen Herrschaftssystems in den neunziger Jahren erlebt, aber schon zuvor die Krisenzeichen Afghanistankrieg und Tschernobyl zum Gegenstand ihrer Unterhaltungen mit Sowjetbürgern gemacht, die von diesen Ereignissen persönlich betroffen waren: durch tote Angehörige, durch den Verlust ihrer Heimat oder ihrer Gesundheit. Nach dem Kollaps der Sowjetunion weitete Alexijewitsch ihre Erkundungen aus. Die Summa ihres schriftstellerischen Werks, das 2013 erschienene monumentale Buch „Secondhand-Zeit – Leben auf den Trümmern des Sozialismus“, versammelte ein ganzes Stimmkonzert, das vom Scheitern einer großen gesellschaftlichen Illusion erzählt – ein fürwahr tragischer Chor, in dem aber jede Stimme für sich individuell erklingt.

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/autoren/literaturnobelpreis-2015-geht-an-swetlana-alexijewitsch-13845848.html