„Es zerfiel mir alles in Teile, die Teile wieder in Teile und nichts mehr ließ sich mit einem Begriff umspannen. Die einzelnen Worte schwammen um mich; sie gerannen zu Augen, die mich anstarrten und in die ich wieder hineinstarren muss: Wirbel sind sie, in die hinabzusehen mich schwindelt, die sich unaufhaltsam drehen und durch die […]

„Es zerfiel mir alles in Teile, die Teile wieder in Teile und nichts mehr ließ sich mit einem Begriff umspannen. Die einzelnen Worte schwammen um mich; sie gerannen zu Augen, die mich anstarrten und in die ich wieder hineinstarren muss: Wirbel sind sie, in die hinabzusehen mich schwindelt, die sich unaufhaltsam drehen und durch die hindurch man ins Leere kommt.“ (Hugo von Hofmannsthal)
Die Frage, ob „die Sprache der adäquate Ausdruck aller Realitäten“ sei, stellte bereits Friedrich Nietzsche. Die Erkenntnis, dass die Sprache versagt, dass sie die Welt nicht adäquat wiedergeben kann, führte schließlich um 1900 zu einer tief empfundenen Skepsis gegenüber den Möglichkeiten des sprachlichen Ausdrucks. Das Vertrauen in die Sprache zerbröckelte. Wenn der Zusammenhang von Sprache, Ich und Welt nicht mehr als selbstverständlich betrachtet wird, muss die Literatur ihre Bedingungen und Voraussetzungen überdenken und neu bestimmen. Dies führte in dem Jahrzehnt vor und nach 1900 zu einem Nachdenken über die Möglichkeiten und Bestimmungen von Dichtung.
Anhand verschiedener Texte – zB Hofmannsthals „Brief des Lord Chandos“ oder Rainer Maria Rilkes „Neue Gedichte“ – soll die Sprachkrise dargestellt werden. Außerdem soll an Textbeispielen gezeigt werden, wie die Sprachkrise die weitere Entwicklung der Literatur beeinflusste. In der Literatur der Moderne rückte, wie zB die zahlreichen Sprachspiele bei James Joyce zeigen, das Medium Sprache in den Mittelpunkt des Interesses.

Anette Ochsenwadel